Dies ist ein Gastbeitrag von Josie (Like a Gipsy)
Myanmar ist ein extrem facettenreiches Land mit einer ebenso facettenreichen Küche – immerhin leben hier, neben der größten Volksgruppe der Burmesen, weitere geschätzte 135 Ethnien. Das macht Myanmar zu einem Vielvölkerstaat, in dem es nicht die eine burmesische Küche gibt. Jede Region hat ihre kulinarischen Eigenheiten. Dazu kommen die Einflüsse der Nachbarländer Thailand, Indien und China, die je nach geografischer Nähe in den Bundesstaaten Myanmars mehr oder weniger ausgeprägt, aber immer vorhanden sind. Ich habe in Myanmar meistens richtig gut gegessen, auch wenn es nicht die kulinarische Hochburg Südostasiens ist. Was man dort im Einzelnen erwarten kann, habe ich euch in diesem Artikel mal zusammengefasst.
Vorwort – Hygiene
Ich persönlich halte nichts von konservativen Hygieneregeln. Ich habe keine Allergien, keine Unverträglichkeiten und bin nicht besonders wählerisch oder empfindlich – daher habe ich keine Angst vor fremden Speisen. Ich vertraue darauf, dass die Einheimischen wissen, was gut ist und orientiere mich an ihnen. Eine Strategie, mit der ich bislang immer gut gefahren bin – unabhängig vom Reiseland. Ich gehe gern in sehr einfache Lokale und habe eher mit edleren Restaurants, die auf Touristen ausgelegt sind, schlechte Erfahrungen gemacht. In einem Luxus-Hotel in Singapur habe ich mir sogar mal eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Köche sich dort nicht auf ihren Beruf verstehen, aber durch die vergleichsweise geringe Fluktuation müssen die Nahrungsmittel auf Vorrat gehalten werden und sind daher oft einfach nicht so frisch. Dazu kommt, dass meist etwas „gefälliger“ gekocht bzw. gewürzt wird, wodurch die Authentizität leider ein Stück weiter verloren geht. Das Essen in kleinen Bretterbuden, an Garküchen, oder Straßenlokalen mit Plastikmobiliar und Toilettenpapierrollen als Servietten hat bei mir noch nie gesundheitliche Probleme verursacht und ist meist eine regelrechte Geschmacksexplosion.
Reisedurchfall und Magengrummeln sind für mich, so lange weder Schmerzen noch Fieber dazukommen, ein normaler Gewöhnungsmechanismus des Körpers und damit nichts, was mich beunruhigt. Ich bin offen und probiere fast alles. Geht es schief, habe ich meine Reiseapotheke. Auf die kulinarischen Erfahrungen möchte ich nicht verzichten, denn Essen ist das kleine Einmaleins jeder Kultur. Übers Essen erfährt man so viel über die Geschichte, die Geographie, und die Lebensbedingungen im Land, dass es als Reiseerfahrung schon mehr ist, als das bloße Stillen eines körperlichen Bedürfnisses. ABER: Das muss ausdrücklich jeder für sich selbst entscheiden, und ich will hier niemanden ermutigen, etwas zu tun, was ihm widerstrebt. Möchte man lieber vorsichtig sein, gibt es ganz einfache Regeln, die man befolgen kann, um jede Art von Magenverstimmung zu vermeiden: Cook it, peel it, boil it or leave it – also koch es, schäl es, gar es, oder vergiss es. Mit anderen Worten: Alles, was nicht ordentlich durchgegart oder geschält ist, besser liegen lassen. Um ganz sicher zu sein, was das „durchgaren“ angeht, wählt man Frittiertes („deep fried“), da bleibt garantiert kein Magen-Darm-Virus mehr am Leben. Hände waschen kann man lieber einmal zu viel als zu wenig, aber das gilt in Deutschland genau so.
Allgemeines zur Küche
In Myanmar werden Fleischgerichte hauptsächlich mit Schwein und Huhn zubereitet, in der vegetarischen Variante mit Tofu. Außerdem werden natürlich, insbesondere in Küstenregionen, Fisch und Meeresfrüchte verzehrt. Auch Wasserbüffel kommt auf den Tisch, aber eher zu besonderen Anlässen. Weiterhin findet man gelegentlich Hammelfleisch auf der Karte. Wie fast überall in Südostasien wird auf eine Geschmacksbalance zwischen salzig, süß, scharf, sauer und bitter Wert gelegt. Reis oder Nudeln sind auch hier die Basis der meisten Mahlzeiten. In dem weitestgehend tropischen Klima Myanmars gedeihen sowohl Gemüse, als auch tropische Früchte, prächtig. Das mag sich alles nicht besonders einzigartig anhören, aber dennoch ist die burmesische Küche nicht wirklich mit den Küchen ihrer Nachbarn vergleichbar.
Untypisch für ein Land zwischen Indien und Thailand sind die Gerichte meist sehr mild, nicht so reich gewürzt und daher auch nicht so komplex im Geschmack. Für viele Gerichte wird extrem viel Öl verwendet, so habe ich nicht nur einmal Fried Noodles bekommen, von denen das Fett nur so tropfte. Typisch ist die Verwendung von Ngapi, einer gesalzene Paste aus getrocknetem Fisch, die als Gewürzgrundlage wie Salz verwendet wird. Sie stinkt bestialisch, aber zum Kochen ist sie unverzichtbar. Auch frittierte Gerichte („deep fried“) bekommt man eigentlich überall. Die Speisen werden, wie in Asien üblich, alle auf einmal serviert, und eine Mahlzeit besteht generell aus vielen kleinen Gerichten.
Nationalgericht Mohinga
Mohinga, eine gelbliche Fischsuppe mit Reisnudeln, ist das Nationalgericht Myanmars. Mohinga wird zu jeder Tageszeit gegessen, oftmals auch schon zum Frühstück und bedeutet übersetzt einfach nur „Nudelsuppe“. Zur Zubereitung werden traditionell u. a. Catfish (Wels), Reisvermicelli und der Stamm der Bananenstaude als Einlage verwendet, und entgegen der Erwartung schmeckt die Mohinga gar nicht besonders fischig.
Curries
Ganz typisch für Myanmar sind Curries, „Hin“ in der Landessprache, die meist wirklich sehr mild sind. Es werden weniger Gewürze verwendet, außerdem wird generell in vielen Gerichten Kichererbsenmehl als Bindemittel verwendet, was den Geschmack zusätzlich abmildert. Die Basis ist statt Kokosmilch oft Öl (z.B. Erdnussöl), das mit Kurkuma gewürzt ist – und das ist es auch, was mich persönlich sofort an die indische Küche erinnert hat. Man muss wissen: Bestellt man Curry mit Schwein, bekommt man auch Curry mit Schwein – und nichts anderes. Eine zusätzliche Gemüseeinlage, wie man sie von den Currys anderer Länder kennt, ist hier nicht üblich, und muss, wenn gewünscht, extra bestellt werden.
Salate
Als frische Beilage gehören Salate in sämtlichen Variationen einfach zum Essen dazu. Auch hier kommt Kichererbsenmehl zum Einsatz, dazu Limettensaft, Fischsauce, Chilis und geröstete Erdnüsse. So weit, so asiatisch. Der wohl berühmteste Salat, der wirklich eine Einzigartigkeit der burmesischen Küche darstellt, ist der Teeblattsalat Laphet Thoke, der aus fermentierten grünen Teeblättern besteht. Da er nach dem Hauptgang gegessen wird und man ihm eine aufmunternde und verdauungsfördernde Wirkung nachsagt, ist er vielleicht sowas wie die burmesische Version des italienischen Espressos.
Reis und Nudeln
Die sättigende Basis für die meisten Gerichte sind Reis und Nudeln, egal ob zum Frühstück, in der Suppe, als Beilage, gebraten als Hauptgericht oder im Salat. Neben Reis kommen dabei am häufigsten Reisnudeln zum Einsatz, entweder in sehr dünner Variante (Reisvermicelli) oder in der breiteren als Bandnudeln – je nach Gericht und Region. Dort, wo der chinesische Einfluss größer ist, werden auch Eiernudeln verzehrt. Ich persönlich habe gern die für den Shan-Staat typische Shan Suppe gegessen – so gern, dass ich sie Zuhause, in nicht ganz so befriedigender Form, nachgekocht habe. Die Basis bilden eine reichhaltige Brühe und Reisvermicelli, dazu kommen u. a. Tomaten, manchmal Huhn, Kichererbsenmehl, Chilis und Zucker, was zusammen eine äußerst leckere und sättigende Mahlzeit ergibt. Nudelgerichte findet man auch häufig an Garküchen. Diese werden, aufgrund des chinesischen Einflusses und im Unterschied zu Thailand, häufig mit Stäbchen gegessen. Durch den starken thailändischen Einfluss ist es aber auch kein Problem, Gabel und Löffel zu bekommen.
Snacks
Ein Grund, weshalb ich so gern nach Asien reise, ist das Essen an den Garküchen und auf Märkten. Nirgends ist es frischer, nirgends ist es authentischer, nirgends findet man versiertere Köche (neuerdings werden auch immer mehr Garküchen-Köche mit Michelin-Sternen ausgezeichnet). Auch in Myanmar gibt es so gut wie überall Märkte, Garküchen und fliegende Händler, die allerlei süße und herzhafte Snacks verkaufen – von frittierten Leckereien über Nudelgerichte bis zu süßen Pfannkuchen und Nusscrackern, in die ich mich persönlich reinlegen könnte. Diese Cracker oder Kekse bestehen aus Nüssen, Samen und Honig und man kriegt sie überall in kleineren Shops oder auf den Märkten. Ich habe mehrere Packungen gekauft und mit nach Hause genommen, auch zum Verschenken als Souvenir sind sie ideal. Das wirklich Schöne an allen tropischen Ländern ist ja das frische, günstige und aromatische Obst. Auch in Myanmar wird quasi überall bereits geschnittene und portionierte Ananas, Banane oder Papaya angeboten. Ein absoluter Genuss!
Klebreis in geröstetem Bambus
Etwas, was ich in Nyaung Shwe am Inle See kennengelernt habe, ist Klebreis in Bambus. Es wurde uns eines Morgens zum Frühstück gereicht. Die Konsistenz von Klebreis muss man mögen, der Geschmack ist nicht sehr intensiv. Vielleicht ist dieser Reis, Khetan Kyitauk genannt, eher eine Art Sattmacher, als ein Genussmittel – auf jeden Fall zählt er zu den ältesten Gerichten Myanmars. Ich hörte schon davon, dass es diesen Reis auch in süßen Varianten gibt, die möchte ich unbedingt mal probieren.
Getränke
Wer schon öfter in Asien war, kennt diesen Rat mehr als auswendig, aber: Das Leitungswasser in ganz Südostasien ist definitiv nicht zum Verzehr geeignet. Da gibt’s keine zwei Meinungen. Wasser, egal ob zum Zähneputzen oder zum Trinken, sollte aus verschlossenen Flaschen kommen. Dies ist auch schon weitestgehend Standard, ich musste nie explizit drum bitten. Wasser ist wichtig und sollte in der Hitze ausreichend getrunken werden, aber auch global bekannte Erfrischungsgetränke sind problemlos überall erhältlich.
Alkohol wird aufgrund des buddhistischen Glaubens der meisten Einwohner offiziell wenig getrunken und es wird auch nicht gern gesehen, inoffiziell trinken auch viele Burmesen gern mal ein Bier. Man bekommt es überall. Das bekannteste burmesische Bier ist das „Myanmar Beer“. In touristischen Orten ist auch importiertes Bier, wie Singha oder Tiger, erhältlich sowie Spirituosen. Ein beliebter burmesischer Schnaps ist der so genannte „Toddy Juice“, ein sehr hochprozentiger Schnaps aus dem destillierten Saft der Toddy Palme. Ich bin kein großer Trinker und habe ihn nicht probiert, man sagt ihm aber nach, er sei nichts für schwache Nerven.
Preise und Trinkgeld
Die Preise für Lebensmittel in Myanmar sind, bezieht man ein europäisches Einkommen, extrem niedrig. Egal, ob man in kleinen Shops einkauft oder Essen geht, man kommt dabei meist noch günstiger weg als z.B. in Thailand oder Kambodscha (wo das Preisniveau für uns Europäer ja auch schon niedrig ist). Es dürfte dabei nicht überraschen, dass man in touristischen Restaurants ein wenig mehr bezahlt, als in kleinen Straßenküchen oder Teehäusern. Aber ehrlich, der Unterschied ist in Euro umgerechnet marginal, uns insgesamt könnten die Kosten für Versorgung wohl kaum irgendwo günstiger sein. Für zwei hungrige Esser haben wir, inklusive aller Getränke, selten mehr als insgesamt 10 Euro bezahlt, oft sogar weniger. Für ein Getränk bezahlt man in kleinen Restaurants um die 50 Cent, ein Hauptgericht gibt es oft schon ab 1,50 Euro. Besonders schön fand ich die liebevoll handgeschriebenen Rechnungen, die man in vielen kleineren Restaurants nach dem Essen bekommt.
Ein ganz schöner Aufwand, bedenkt man, dass es sich nicht nur um eine für Burmesen fremde Sprache handelt, sondern auch um ein ganz anderes Alphabet. Aber genau das sind die kleinen Dinge, die den Charme ausmachen. Trinkgeld wird generell nicht erwartet und ist nicht selbstverständlich, es sei denn, es handelt sich um größere und touristischere Restaurants. Myanmar ist das einzige Land, in dem ich je war, in dem Trinkgeld oft für ein Versehen gehalten wurde und in dem man uns hinterhergelaufen ist, um uns unser „vergessenes“ Wechselgeld wiederzugeben. So ein Ausmaß an Ehrlichkeit muss man sich mal vorstellen. Natürlich freut sich auch in Myanmar jeder Mensch sehr über Trinkgeld, das ist klar. Und das meine ich überhaupt nicht negativ. Wer selbst mal gekellnert hat, weiß genau, was für ein harter Job das ist und was für ein Unterschied gutes Trinkgeld machen kann. Gefällt der Service, sind zehn Prozent angemessen und dann sollte man auch nicht geizig sein. Was für uns Peanuts sind, kann in Myanmar ein Tageseinkommen sein.
Fazit:
Ganz ehrlich: Die aufregendste Küche der Welt findet man in Myanmar nicht, da brauchen wir uns nichts vormachen. Dennoch glaube ich, wer sich Zeit nimmt, authentische burmesische Gerichte zu kosten, wird ganz unerwartet das eine oder andere Highlight finden, das sonst nirgends zu bekommen ist. Ein paar köstliche Eigenheiten hat Myanmar durchaus zu bieten. Was war dein kulinarischer Überraschungshit? Was würdest du gern einmal probieren?
Das ist ja echt ein klasse Artikel Josie! Hattest du ein Lieblingsessen?
Liebe Grüße Jana